Die USA ist wohl eines der kapitalistischsten Länder dieser Erde. Und ich meine dies durchaus im negativen, aber auch im positiven Sinn. Fast alles dreht sich hier ums Geld und ums Verkaufen. Um dabei im Wettbewerb zu bleiben, lassen sich die unterschiedlichsten Geschäfte und Dienstleister so einiges einfallen. Dabei entsteht zwangsläufig eine Spirale - jeder versucht den anderen zu übertreffen. Sei es in Sonderangeboten oder in Dienstleistungen, die man rund um das eigentliche Angebot erhält.
Eine witzige Sache habe ich beispielsweise letzte Woche entdeckt, als ich hier bei uns im Supermarkt war. Hierbei handelt es sich um einen Supermarkt der Kette Ralphs, der sich hier bei uns im Block befindet. Für uns bedeutet das, dass wir doch tatsächlich dorthin laufen können, um einzukaufen - etwas, was für die USA an sich schon sehr außergewöhnlich ist. Dort befinden sich u.a. auch eine Tankstelle, einige Restaurants, ein Copy-Shop und ein Friseur.
Sehr kundenfreundlich sind auch die Öffnungszeiten: So hat der Supermarkt jeden Tag bis 1.00 Uhr nachts geöffnet - selbstverständlich 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr. Andere Supermärkte haben sogar 24 Stunden geöffnet.
Natürlich bekommt man in jedem Geschäft auch eine Kundenkarte angeboten. Diese kann unterschiedliche Vorteile haben: Manchmal erhält man sofort einen Rabatt, manchmal bekommt man am Ende des Jahres einen gewissen Prozentsatz des im abgelaufenen Jahres getätigten Umsatzes zurück erstattet und natürlich gibt es auch immer wieder besondere Sonderangebote. Das Sportgeschäft REI, das vor einigen Jahren als Einkaufsgemeinschaft für Wanderer begonnen hat, bietet für einen Beitrag von 15 $ eine lebenslange Mietgliedschaft an, die u.a. am Ende eines Jahres eine Rückerstattung in Höhe von 10 % des Kaufbetrages beinhaltet. Bei anderen Produkten wiederum, muss man znächst einen Coupon einschicken, um einen gewissen Teil des Kaufbetrages in Form eines Schecks wieder zurückerstattet zu bekommen.
Zum Glück hat man in den USA bereits erkannt, dass niemand permanent sämtliche Kundenkarten mit sich herumschleppen kann. So ist man mehr und mehr dazu übergegangen, vermehrt Kundenkarten in Form von Schlüsselanhängern anzubieten, oder gleich ganz darauf zu verzichten und die Mitgliedschaft über die Eingabe der Telefonnummer zu verifizieren.
Ein solches Angebot habe ich eben auch in besagtem Supermarkt entdeckt. Als Inhaber einer Kundenkarte hatte ich dabei folgende Optionen: Ich konnte entweder eine Flasche Tomatensaft zum Preis von 6,99 $ erwerben, oder 2 Flaschen (identische Größe) für 5 $! Wie ich mich entschieden habe, kann sich ja jeder denken.
Das schöne beim Einkaufen in den USA ist, dass man hier die Einkäufe an der Kasse eingepackt bekommt. Normalerweise folgt zuvor die obligatorische Frage "Is plastic ok?", was soviel bedeutet, ob man damit einverstanden ist, dass der "Einpacker" Plastiktüten verwendet, oder ob man lieber Papiertüten hätte.
Bei älteren Personen ist es auch selbstverständlich, dass ein Angestellter des Supermarktes die Einkäufe zum Wagen bringt, um beim Einladen zu helfen.
Was man ebenfalls in fast jedem Supermarkt beim Bezahlen gefragt wird ist, ob man gerne noch Bargeld hätte. Statt dass man mühsam zur Bank oder zum nächsten "ATM" (=automated teller machine = Geldautomat) gehen muss, kann man so bequem sein Bargeld im Supermarkt beziehen. Nicht dass hier viele Banken ohnehin über einen drive-in Geldautomaten verfügen, so dass man noch nicht einmal aus dem Wagen aussteigen muss ...
Natürlich bekommt man auch fast täglich mit der Post einen ganzen Packen an Prospektmaterial in den Briefkasten. Nur gut, dass praktischerweise direkt neben dem Briefkasten eine große Mülltonne steht ...
Apropos Post: Eine klasse Sache ist es, dass in den USA der Briefträger nicht nur dafür zuständig ist, die Post zu bringen, sondern er nimmt auch die zum Versand fertige Post mit. Bei Einzelhäusern legt man dabei die frankierten Briefe einfach in die typische amerikanische Mailbox. Wenn der Briefträger dann die Post bringt, nimmt er diese auch gleich mit. Damit man nicht jedes Mal nachschauen muss, ob auch tatsächlich Post gekommen ist, klappt der Briefträger das sich an der Mailbox befindliche Fähnchen hoch.
Bei einem Appartementkomplex, wie dem unseren, sind die Briefkästen an einigen zentralen Plätzen angeordnet, wo sich dann auch ein Briefkasten zum Einwerfen der ausgehenden Post befindet.
Auch das Tanken läuft in den USA irgendwie anders ab, als man das von Deutschland aus gewohnt ist. In Deutschland fährt man normalerweise an die Tankstelle, tankt, geht in den Laden und bezahlt. Hier muss man für gewöhnlich bereits vor dem Tanken bezahlen. Dies kann entweder so stattfinden, dass man direkt an der Zapfsäule die Kreditkarte durchzieht und dann mit dem Tanken beginnt, oder aber man möchte doch tatsächlich mit Cash bezahlen. Dann heißt es zunächst in den Laden zu gehen, sich zu entscheiden, für wie viel man Tanken möchte, dem Tankwart das Geld zu geben und ihm zu sagen, auf welche Säule er den Betrag buchen soll. Dann geht man zurück und kann mit dem Tanken beginnen. Sollte man mehr bezahlt haben, als für was man tatsächlich getankt hat, muss man erneut in den Laden und sich das Restgeld geben lassen. Klingt ganz schön umständlich, aber wer bezahlt hier eigentlich noch mit Bargeld?!
Bargeld braucht man hier so gut wie gar nicht mehr. Überall werden Kreditkarten oder so genannte ATM- oder Debit-Karten (ähnlich der deutschen EC-Karte) akzeptiert. Auch macht hier keiner einen Aufstand, wenn man mit der Karte einen kleinen Betrag bezahlt. Nur in ganz wenigen Fällen, z.B. in einigen wenigen Restaurants oder Läden, wird keine Karte akzeptiert und man muss mit Bargeld bezahlen.
Das Umtauschrecht in den USA ist außergewöhnlich verbraucherfreundlich. In den meisten Geschäften hat man ein Umtauschrecht zwischen 14 Tagen und 3 Monaten. Dabei spielt es auch keine Rolle, warum man etwas umtauschen möchte. Die Policy, wie ein Artikel aussehen muss, wenn man ihn umtauscht, ist jedoch teilweise sehr unterschiedlich. So gibt es Läden, bei denen man Artikel nur im Originalkarton oder mit noch angebrachtem Etikett zurückbringen darf, wohingegen andere Ketten Artikel gnadenlos zurücknehmen. Walmart ist z.B. so ein Fall: Hier kann man 3 Monate lang alles zurückbringen und man braucht noch nicht einmal einen Kassenzettel. Auch wird nicht sonderlich geschaut, in welchem Zustand sich der zurückgebrachte Artikel befindet oder ob er bereits gebraucht ist.
Walmart kann sich diese Vorgehensweise jedoch nur leisten, da sie dies an ihre Lieferanten weitergeben. Walmart hat in den USA eine solche marktbeherrschende Stellung, dass es sich kaum ein Zulieferer leisten kann, nicht dort gelistet zu sein. Umgekehrt bedeutet dies jedoch, dass man sich damit den Regeln von Walmart unterordnen muss und die zurückgenommenen Artikel seinerseits zurücknehmen muss. Auch zeichnen sich die Walmart-Märkte dadurch aus, dass sie über keinerlei Lager verfügen. Da Walmart es sich jedoch nicht leisten kann, leere Regale zu haben, wird der Lagerbestand in Echtzeit über die Scannerkassen kontrolliert und jeder Lieferant verpflichtet sich, innerhalb einer gewissen Zeit - normalerweise innerhalb von 24 Stunden - für Nachschub zu sorgen.
Da die Arbeitskraft in den USA sehr günstig zu haben ist, lassen sich viele Geschäfte auch so einiges einfallen, um Kunden in ihre Läden zu locken. Albertsons beispielsweise macht momentan damit Werbung, dass sobald mehr als drei Leute an einer Kasse stehen, sofort eine weitere aufgemacht wird. In manchen anderen Geschäften, wie z.B. in den Elektronikgeschäften Circuit City oder Best Buy, wird man regelrecht von Verkäufern belagert, die sich wohl den ganzen Tag langweilen und sich freuen, wenn sie ab und zu mal etwas arbeiten können. Ständig wird man gefragt, ob man Hilfe braucht und falls man gerade keine benötigt, dass man sich jederzeit an den Verkäufer wenden kann, falls sich dies doch noch ändern sollte.
Dass sich das für die Geschäfte dennoch lohnt, liegt an dem niedrigen Mindestlohn, der meines Wissens nach in Kalifornien derzeit bei 6,75 $ (ca. 5,65 EUR) liegt. Dass dennoch einige Ketten nach Wegen suchen, die Anzahl ihrer Mitarbeiter weiter zu reduzieren, z.B. durch die Einführung von Kassen, an denen man seine Sachen selbst einscannen muss und dann mit Kreditkarte bezahlt, ohne dass man dazu einen Kassierer benötigt, ist mir unverständlich ... .